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Sonntag, 28.12.08:
Weihnachten ist schon wieder vorbei, bevor wir es richtig gemerkt haben. Als ich vor fast 10 Jahren hier ankam, wurde Weihnachten so gut wie gar nicht gefeiert. In diesem Land mit seinem Gemisch aus Kulturen und Religionen wird vielmehr der 1. Januar begangen als Neubeginn, an dem man seinem jeweiligen Gott huldigt und ihn um Schutz für das Neue Jahr bittet. Im Laufe der vergangenen Jahre hat sich nun eine Geschenk- und Feierkultur entwickelt, die aber mit der eigentlichen Bedeutung von Weihnachten herzlich wenig zu tun hat. Und so ist Weihnachten im Jahre 2008 ein Anlass für die Kinder, Bonbons oder auch größere Geschenke einzufordern sowie für Erwachsene, sich bei lauter Musik zu amüsieren und oft auch zu betrinken.
Wir nutzten die Gelegenheit, um an die Kinder der Nachbarschaft Kleider zu verschenken (T-Shirts vom Altkleidermarkt). Viele dieser Kinder besitzen höchstens 5 Kleidungsstücke. Am Weihnachtsmorgen luden wir außerdem alle Kinder zu einem kleinen Spiel ein, bei dem sie mit verbundenen Augen von einer Schnur kleine Päckchen mit Bonbons schneiden mussten. Es hat allen sehr viel Spaß gemacht und so konnten wir mit wenigen Mitteln vielen eine Freude machen.
Wir als Team feierten am Abend des 25.12. unser eigenes kleines Weihnachtsfest mit gutem Essen und kleinen Geschenken.

 

Dienstag, 23.12.08:
Harmattan [der; afrikanisch harmata, "Westafrika"], trocken-heißer, staubreicher Nordostwind aus der Sahara in den südlich angrenzenden Gebieten bis zur Guineaküste; besonders im Nordwinter. So steht es in meinem Lexikon. Die ersten Windböen fegen gegen 6 Uhr morgens durch das Viertel und die Frühaufsteher unter den Kindern versammeln sich unter dem großen Affenbrotbaum, der direkt hinter unserem Haus steht. Wer am schnellsten rennen kann, wenn eine Frucht fällt, bekommt die größte Ausbeute, und manchmal gibt es auch Geschrei und Gezanke.
Am stärksten weht der Wind gegen 10 Uhr. Dann muss ich einige Fenster schließen, weil sonst alles in wenigen Minuten von einer dicken Staubschicht überzogen wäre.
Während des Harmattans sind die Nächte angenehm kühl, obwohl ich finde, dass Anoraks und Fleecepullis dann doch etwas übertrieben sind. Doch die stehen jetzt wieder hoch im Kurs und am frühen Morgen sieht man Menschen eingepackt wie im tiefsten Winter bei ihrem Morgenspaziergang.
 
Montag, 22.12.08:
Meine Nachbarin bohrt mit einer Machete ein Loch in die Außenmauer ihrer Küche! Natürlich gehe ich hin und frage, was das wird. Sie sagt, sie möchte „etwas machen“. Ich frage nach, ob sie vielleicht einen Durchzug für den Qualm in der Küche machen will. Da zieht sie ein kleines Bündel heraus, in das die abgefallene Nabelschnur ihres Babys eingewickelt ist. Sie erklärt mir, dass sie das jetzt in das Loch in der Mauer einmauern wird. Als das Loch tief genug ist steckt sie das Bündel hinein. Dann vermischt sie Wasser mit Erde und kleistert damit das Loch wieder zu. Später zeigt sie mir eine Unebenheit in der Mauer auf einer anderen Seite der Küche. Dort wurde die Nabelschur von Babys älterem Bruder eingemauert. Die Nachgeburt ist bereits seit dem Tag der Geburt hinter dem WC begraben. Da mit Körperteilen und ähnlichem Menschen verflucht werden können, werden diese Dinge im Krankenhaus nicht entsorgt, sondern von der jeweiligen Person mit nachhause genommen und gut vergraben.
Baby hat übrigens noch keinen Namen. Sein Vater arbeitet in der Hauptstadt Cotonou und hat sein Kind noch gar nicht gesehen. Erst wenn er kommt, bekommt das Kind einen Namen. Bis dahin darf es auch das Haus nicht verlassen. Nur einmal, als die Mutter mit ihm zur Nachsorge und Impfung ins Krankenhaus musste, durfte es ins Freie.
Da wir so eng in unserer Nachbarschaft zusammenleben, kann ich sehr gut all diese Vorgänge beobachten. Leider würde sie mir keine ehrliche Antwort geben, wenn ich sie nach dem Wieso und Weshalb fragen würde. Es handelt sich mit Sicherheit um Bräuche mit heidnischem Hintergrund und sie weiß ja, dass wir Missionare sind und sie selbst bezeichnet sich als Christin. Und so müssen die Erklärungen noch etwas warten, bis ich die Gelegenheit habe, andere Leute zu fragen.
 
Samstag, 20.12.08:
Heute wurden in der Gemeinde zwei Jugendliche getauft. Patient kommt aus einer "halbadventistischen Familie". Seine älteren Geschwister sind getauft und seine Mutter war auch getauft, verstarb aber in 2005. Der Vater kommt jedoch nicht in die Gemeinde. Jacques wohnt in der Nachbarschaft von Patients Familie und kommt seit
vielen Jahren mit seinen Freunden regelmäßig zum Gottesdienst. Wir waren erstaunt dass sein Vater, ein mächtiger Fetischpriester, nichts gegen die Taufe hatte und sind Gott dafür sehr dankbar. Bereits vor vielen Jahren hatten sich die beiden selbst eine Bibel "verdient".Wir hatten damals allen Kindern angeboten, dass wir ihnen eine Bibel geben würden, wenn sie die Bücher der Bibel und einige Schlüsseltexte auswendig lernen würden. Nur drei Kinder hatten das wirklich durchgezogen, Jacques, Patient und dessen älterer Bruder Augustin. Wir freuen uns sehr, dass Jacques und Patient sich zur Taufe entschlossen haben und bitten Euch, für sie zu beten, da erfahrungsgemäß gerade nach der Taufe die Versuchungen erst so richtig losgehen.